Ein halbes Jahr Essen aus dem Karton – eine Bilanz

Seit einiger Zeit liegen sie voll im Trend – Esspakete mit Zutaten zum selber Kochen, bequem vor die Haustür geliefert. Es ist ja auch so praktisch: Nerviges Supermarkt-Gerenne entfällt, dazu die alltägliche Überlegung „Was zum Teufel koche ich heute?“, man verschwendet keine wertvollen Nahrungsmittel, weil man genau so viel geliefert bekommt, wie man für ein Rezept braucht. Mittlerweile gibt es viele verschiedene Anbieter, getestet wurden sie alle schon. Aber einen richtigen Langzeittest findet man in der Regel nicht. Auch mich hat die Idee begeistert. Ein halbes Jahr lang (mit Pausen wegen Urlaubs) habe ich jede Woche eine Box mit drei Mahlzeiten für zwei Personen von HelloFresh zugeschickt bekommen. Vor ein paar Wochen habe ich mich dann entschieden, endgültig zu kündigen. 

Das wird mein Leben verändern! – Was ich mir von HelloFresh versprochen habe

  • Nicht unbedingt seltener einkaufen – schließlich reichen drei Mahlzeiten nicht für die ganze Woche, außerdem muss ich ja auch noch Wäsche waschen und für eine ausreichende Körperhygiene sorgen. Allerdings habe ich auf weniger Geschleppe gehofft, denn ohne eigenes Auto einkaufen zu gehen, kann manchmal wirklich entnervend sein.
  • Geld sparen – ein vollmundiges Versprechen der Firma, inklusive durchgerechnetem Preisvergleich.
  • Endlich mehr Abwechslung auf meiner Speisekarte! Wenn ich fast jeden Tag koche, gehen mir irgendwann einfach die Ideen aus.
  • Exotische Zutaten sowie Bio-Produkte von hoher Qualität, die ich in dem kleinen Ghettosupermarkt bei uns um die Ecke nie bekomme.
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HelloFresh-Club: Nach einer bestimmten Anzahl erhaltener Boxen habe ich diesen praktischen Ordner für die Rezeptkarten bekommen. Steigt man im „Rang“ noch höher auf, winken weitere Geschenke.

Es war nicht alles schlecht – Was davon eingetreten ist und was meine Erwartungen noch übertroffen hat

  • Weniger Geschleppe war definitiv der Fall. Denn besonders schwere Dinge wie zum Beispiel das ganze Gemüse kamen per Paket.
  • Anfangs haben mich auch die Rezepte begeistert. So gut wie immer lecker und mit vielen verschiedenen Beilagen. War zum Beispiel bei einem Rezept Ruccula dabei, womit man mich wirklich verjagen kann, hab ich den eben meiner Mitbewohnerin auf den Teller gehäuft und mich stattdessen mit mehr Kartoffelstampf entschädigt.
  • Bio rockt! Alle verpackten Zutaten hatten ein Bio-Siegel. Bei Fleisch und Gemüse kann man auf der HelloFresh-Homepage genau erfahren, wo es herkommt.
  • Der Service: Pausen von bis zu 6 Wochen waren immer völlig problemlos möglich. Fragen wurden schnell und kompetent beantwortet und generell hat man das Gefühl, dass man der Firma am Herzen liegt. Mit meinem ersten Paket kam eine handgeschriebene Postkarte, die mir mitteilte, wie sehr sich das HelloFresh-Team freue, dass ich nun auch dabei sei! Super Marketing-Strategie.
  • Die Aufmachung: Die Boxen sind sehr liebevoll gestaltet, die Rezeptkarten hübsch designt und verständlich geschrieben.
  • Flexible Lieferzeiten: Vier Liefertage die Woche stehen zur Auswahl, teilweise sogar bis halb elf Uhr abends.

 

Warum hast du uns verlassen? – Was mich dann trotzdem zur Kündigung bewogen hat

  • Die Rezepte waren abwechslungsreich… Zumindest am Anfang. Nach ein, zwei Monaten wurde das immer gleiche Schema allerdings langweilig. Jede Woche zwei Fleischgerichte (abwechselnd mit Rind, Schwein oder Pute und mind. zwei Sättigungsbeilagen), dazu ein vegetarisches Rezept (so gut wie immer Nudeln, manchmal ein Flammkuchen, einmal war auch eine Suppe dabei). Natürlich muss HelloFresh darauf achten, Zutaten zu benutzen, die der Durchschnitt der Bevölkerung lecker findet und die nicht schnell verderblich sind. Dennoch hätte ich mir mal einen Fisch gewünscht, exotische Früchte oder öfter besondere Salatvariationen.
  • Es ist einfach NICHT günstiger als im Supermarkt! Wenn ich alle Rezepte immer genau so nachkochen würde, dann eventuell schon. Aber selbst dann würde ich, das muss ich gestehen, nicht so teure/hochwertige Zutaten einkaufen (allein schon, weil es im Ghettosupermarkt kein Bio-Fleisch gibt). Außerdem würde ich niemals drei verschiedene Beilagen plus Fleisch machen, denn so kleine Zutatenmengen bekomme ich im Laden gar nicht. Und dann sind 40 Euro die Woche auf einmal ziemlich teuer.
  • Der Müll! HelloFresh bietet den tollen Service, dass man die Verpackung, in der das Essen kommt (also den Karton und die Kühltüten, nicht jede kleine Folie, in die das Essen eingewickelt/verpackt ist) alle 5 Wochen in eine der Boxen packen und kostenlos zurückschicken kann. Ich bin Student, ich habe kein Auto, ich wohne in der Innenstadt, ich teile meine Mülltonnen mit mehr als zehn anderen Familien. Während der ganzen HelloFresh-Zeit war mein Flur von diesen flachen Kartons belagert und für den Weg zur Post mit einem großen schweren Karton unter dem Arm war ich, Asche auf mein Haupt, oft zu faul.
  • Der Spam: Jede Woche mindestens drei Mails (Rezeptbewertung, Achtung: Änderung der Lieferzeiten, Rezeptvorschau, Jetzt Prämie sichern blablabla)  – als würde ich nicht schon genug virtuelle Post bekommen.
  • Von wegen „es bleibt nichts übrig“! Es gibt Pakete für zwei und für vier Personen. Mit Gemüse war das nicht so ein Problem, eine Zwiebel weniger ist ja machbar. Aber die Milchprodukte und meist auch Nudelpackungen waren immer gleich groß, nämlich auf vier Personen ausgelegt. Und oft waren die Köche nicht so schlau, die übrig gebliebene Sahne oder Creme Fraiche in den anderen beiden Rezepten zu verwerten. Nach ein paar Wochen war unser Kühlschrank voll mit angefangenen Sahnetüten, Joghurtbechern, Mascarponedosen und der Vorratsschrank quoll über vor angefangener Nudelpackungen.
  • Ein Punkt für den HelloFresh nichts kann: Ich bin Studentin, meine Mitbewohnerin ist Studentin, wir sind nicht immer zur gleichen Zeit zu Hause. Die Gerichte sind aber nicht immer zum Aufwärmen geeignet, außerdem haben wir bisweilen Herrenbesuch und für drei bzw. vier Leute reicht das Essen wirklich nicht (und das ist auch gut so, schließlich werben sie damit, dass nichts verschwendet wird). Wir fahren außerdem auch mal übers Wochenende in heimische Gefilde. Das Ganze wurde uns deshalb einfach zu unflexibel.
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Pasta e basta! Immer lecker, aber auf Dauer zu eintönig: Die (fast) allwöchentlichen Pastagerichte von HelloFresh

Und nun?

Seit ein paar Wochen koche ich wieder das, was ich will und habe kein schlechtes Gewissen, weil im Kühlschrank die HelloFresh-Möhren vergammeln. Wenn ich mal spontan eine Woche wenig Lust habe zu kochen, muss ich mich nicht dazu zwingen. Und auf meinem Konto macht sich die Abstinenz auch bemerkbar. Das einzige, das ich vermisse, sind die frischen Kräuter, die immer mit dabei waren und die portionierten Gewürzmischungen. Ich hatte Spaß mit den Rezepten und beim gespannten Auspacken der Pakete, aber langfristig war das Ganze einfach nichts für mich und meine momentane Lebenssituation. Für Paare und kleinere Familien (es gibt ja auch die vier Personen Box oder die mit fünf Gerichten pro Woche) und Menschen, die einfach nicht ohne Rezept kochen können, ist HelloFresh aber sicher einen Versuch wert. Und die wöchentliche Kündigungsfrist ermöglicht einen kurzen und schmerzlosen Abschied.

Was sind eure Erfahrungen mit HelloFresh oder ähnlichen Anbietern?

Bex.

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