Beauty DoItYourself

Schönheit hat viele Gesichter. Die Kassiererin mit dem Lächeln schöner als das der Mona Lisa, der Postbote mit den Augen wie aus flüssiger Schokolade oder das Kind mit den Zähnen spitz wie ein Piranha …

Jeder definiert Schönheit anders, aber die wirklich großen Unterschiede finden sich erst, wenn man etwas herauszoomt und einzelne Kulturen miteinander vergleicht. Die einen deformieren, die anderen perforieren und die nächsten skarifizieren (ja, es gibt einen Fachbegriff für vernarben).

Am stärksten ausgeprägt findet man solche Körperkulte in abgelegenen Gegenden. Die „Hinterwäldler“ dort geben sich für uns seltsam anmutenden Schönheitsidealen hin und verkrüppeln ihre Körper. In unzähligen Kulturen gibt es Piercings, Tattoos oder dauerhafte Verformungen des Körpers, doch der „hinterwäldlerischste“* aller Kulturkreise praktiziert all das auf einmal: Die USA!

Aber lange bevor die Amerikaner anfingen, ihre Körper dauerhaft zu verändern, existierte schon weltweit eine Technik der künstlichen Verschönerung, die wohl gleichzeitig der stärkste Eingriff in die Entwicklung des menschlichen Körpers ist: das Verformen des Kopfes durch Abbinden oder Einklemmen**. Die ältesten Belege stammen aus dem Neandertal und sind ca. 60.000 Jahre alt. Doch man findet es überall auf der Welt: von Peru über Guatemala, Papua-Neuguinea, Bayern bis hin zu den Mangbetu in Afrika.

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Mangbetu Frau im Kongo

So schön wie die anderen

Die moderne Gesellschaft ist nicht nur ein Schmelztiegel der Kulturen, sondern auch der kulturell geprägten Schönheitsideale. Die verschiedensten Eindrücke aus aller Welt prasseln auf uns ein (danke liebes Internet), und so manch einer findet Gefallen an uralten Traditionen der ein oder anderen Volksgruppe.

Es gibt verschiedene Gründe für die Entstehung dieser sehr unterschiedlichen Schönheitsideale. Ein ausschlaggebender Punkt ist das Nachahmen des Umfelds, Kulturkreises oder selbst der Tierwelt.

In Teilen von Afrika beispielsweise werden raubtierartig spitze Zähne als sehr attraktiv angesehen. Das führt dazu,dass sich die Heranwachsenden des Aka-Stammes ihre Zähne mit Hilfe von Messern und schweren stumpfen Gegenständen unter größten Schmerzen zurechtfeilen.

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Frau mit angespitzten Zähnen in Papua-Neuguinea

In China standen nicht die Zähne, sondern die Füße auf der Liste der zu verbessernden Körperteile: Da von frühzeitlichen Dichtern ein besonders erotischer Gang bei Frauen mit dem Trippeln von Käfern verglichen wurde, ließen sich ab dem sechsten Jahrhundert n. Chr. chinesische Frauen die Füße brechen und „zusammengefaltet“ einbinden, um möglichst kleine Füße zu bekommen, auf denen sie dann genau so sexy dahintrippelten wie die Käfer aus der Poesie.

In vielen Teilen der Welt will man natürlich immer das haben, was der andere hat. Blaue Augen als Araber, einen Afro als Skandinavier oder europäisch aussehende Augen als Asiate. Moderne Arten der künstlichen Modifikation reichen von Falten unterspritzen über (Brust-)Implantate bis hin zur Augenlid-Operation. So wollen die Menschen z.B. einer Barbie ähnlicher sehen oder so große und unschuldige Augen bekommen wie eine Manga-Schönheit.

Schöner durch Löcher?

Mit dem Piercen kommt man zu einem eher verbreiteten Phänomen. Anscheinend scheint es der Menschheit Spaß zu bereiten, sich Gegenstände durch die verschiedensten Körperteile zu stecken. So findet man Piercings in panamaischen Volksgruppen, bei den Indern und sehr vielen Ureinwohner-Stämmen überall auf der Welt. In seltenen Fällen nimmt das Piercen extreme Ausmaße an. Das Dehnen von Piercings ist weltbekannt durch Bilder von geweiteten Ohrlöchern und getellerten Lippen, wobei letzteres den Vorteil bietet, sein Geschirr immer mit dabei zu haben (obwohl das bei so manchem Ohrloch auch schon möglich wäre). Aufgrund dieser Löcherwut ist es wohl auch nicht verwunderlich, dass man die ersten Piercings schon auf 2800 v. Chr. datiert.

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Afrikanische Frau mit getellerter Lippe und Skarifizierung

 

Schön bis unter die Haut

Fast dreimal so alt wie das Piercen ist die Tradition des Tätowierens und es ist sicher dreimal so verbreitet. Schaut man sich in den verschiedenen Kulturen um, findet man so gut wie überall eine Tradition, bei der Farbe unter die Haut gestochen wird (selbst bei den sonst eher spießigen Christen).

 

Ihr merkt schon: Schönheit ist alles andere als ein universeller Wert. Seit Entstehung der Menschheit wird sie von unterschiedlichsten Kulturkreisen auf unterschiedlichste Art und Weise interpretiert. Also: Wenn ihr das nächste Mal jemanden seht, den ihr als hässlich empfindet, fragt euch doch mal, ob das vielleicht einfach die Ausprägung eines anderen Schönheitsideals ist. Für jemand anderes mag diese Person der schönste Mensch der Welt sein.

Dominik

 

*Eine kleine Anspielung auf das Wort Hinterwäldler weil: Herkunft: Lehnübersetzung im 19. Jahrhundert von englisch „backwoodsman“; ursprünglich benutzt für nach Amerika ausgewanderte Personen.

**Wie bei den Käfer-Füßen, den raubtierartigen Zähnen und den „europäisierten“ Augenlidern entstehen Schönheitsideale oft aus der Beobachtung des Umfelds heraus. Woher kommen dann diese langen Köpfe? Vielleicht weiß ET ja die Antwort 😉

Aber wenn ihr nicht zu ET nach Hause telefonieren wollt, dann antwortet euch André Kramer darauf : http://www.mysteria3000.de/magazin/der-kult-der-schadeldeformationen/

Und nochmal was zu lesen über übertriebene Schönheitsideale in Amerika: ein sehr interessanter Artikel über die Nacirema von Horace Mitchell Miner: https://sites.google.com/site/tribalrituals/nacirema

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