Und jetzt alle: Oooom! Selbstliebe durch Meditation?!

Einer der Gründe, warum ich das Haus meiner Eltern so liebe, ist das Bücherregal. Knapp drei Meter hoch, sieben Meter breit; Seite an Seite stehen dort an die tausend Bücher. Bei jedem meiner eher seltenen Besuche stehe ich davor, manchmal über eine Viertelstunde, und kann mich nicht entscheiden, was ich lesen soll. Einen der gefühlt 500 skandinavischen Krimis? Oder doch lieber einen von Mamas Mittelalterromanen? Eins meiner alten Kinderbücher? Ganz unten versteckt stehen Bücher über Themen, die mein Stiefvater gern als „Eso-Quatsch“ bezeichnet. Außer natürlich, wenn es sich dabei um seine Bücher über Buddhismus oder den Dalai Lama handelt – dann ist es intellektuell wertvolle Weltliteratur.

Irgendwann ist mir bei der Suche nach einer passenden Bettlektüre ein vergilbtes Taschenbuch in die Hände gefallen – wahrscheinlich aufgrund des wundervollen Titels: „Frag den Buddha und geh‘ den Weg des Herzens“. Das versprach ein kurzweiliges Lesevergnügen zu werden, bei dem alle meine Vorurteile gegenüber „Esos“, die Bücher schreiben, bestätigt werden würden.

Das Vorwort erfüllte dann auch sofort meine Erwartungen. Ein im Leben gescheiterter US-Amerikaner, der sich zwecks Selbstfindung in ein buddhistisches Kloster im asiatischen Niemandsland begibt. Dort ebenfalls scheitert. Heimkehrt. Sein Leben umkrempelt. Ewige Seligkeit und Erleuchtung findet. Entgegen all meiner erbärmlichen Vorurteile nahm mich der ehrliche und teilweise selbstironische Stil des Autors jedoch gefangen. Nach besagtem Vorwort startet er mit einigen einfachen Meditationsübungen, mit dabei ist die der „Herzenswärme“. Dabei geht es darum, durch Meditation ein Gefühl der Herzenswärme zunächst sich selbst gegenüber zu entwickeln. Um im Marzipanschwein-Jargon zu bleiben: Sich selbst lieben zu lernen. Und ich dachte mir: Scheiß drauf, damit hattest du schon immer Schwierigkeiten, warum versuchst du’s nicht einfach?

Kerzen angezündet, Opium-Räucherstäbchen auch, CD mit Walgesängen an, Yoga-Kissen in Position. Wenn schon Meditation, dann richtig. Kann ja nicht so schwer sein, bisschen auf dem Arsch sitzen und daran denken, sich selbst zu lieben. Man gewöhnt sich nie so richtig daran, falsch zu liegen.

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Meditation ist verdammt schwierig. Denn es geht darum, die Gedanken in den Hintergrund treten zu lassen. Den inneren Dialog auszuschalten. Das ganze Rauschen im Kopf, das ganze Blabla, das ichmussnocheinkaufenundwasessichheutezuabendscheißemeinbeinisteingeschlafen nicht zu beachten. Und das ist mühsam.

Ich sitze im Schneidersitz. Opium-Duft in meiner Nase, ich fühle mich leicht duselig. In meinem Kopf bete ich das Mantra herunter: Möge ich von Herzenswärme erfüllt sein. Möge ich mich glücklich und gelassen fühlen. Möge ich mich selbst lieben. Ich stelle mir mich selbst vor, als ein geliebtes Kind, als Mensch voller Liebe und Selbstvertrauen, geborgen in einem Herzen voller Liebe. Ich mache all das, was der Autor da so vorschlägt. Und finde es doof. Peinlich. Sinnlos. Mein Gehirn piekt mich die ganze Zeit mit seinem Gedanken-Finger und sagt: „Tschulligung, wolltest du nicht diese Hausarbeit schreiben? Die Wäsche muss noch aufgehängt werden. Und findest du das nicht irgendwie bescheuert, was du da machst?“

Und doch klappt es. Irgendwie. Ich erreiche den Punkt, wo ich das Pieken und die nervigen Gedanken ignorieren kann. Und dieses kitschige Wort Herzenswärme kommt mir plötzlich gar nicht mehr so falsch vor. In mir breitet sich wirklich eine Wärme aus, ich fühle mich nach der Meditation glücklich und entspannt. Im Reinen mit mir selbst. Abgesehen von meinem eingeschlafenen Fuß.

Natürlich lässt man nach einem Mal meditieren nicht alle destruktiven Gedanken und Dogmen hinter sich. Obwohl ich mittlerweile ein bisschen mehr Übung habe, ist Meditation nach wie vor schwierig. Aber ich halte es nicht länger für sinnlos, auch wenn ich mir anfangs immer noch dämlich vorkomme und mein Opium-Räucherstäbchen-Konsum in astronomische Höhen gestiegen ist. Solange es funktioniert, darf es eben auch mal ein bisschen Eso-Quatsch sein.

Bex

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2 Gedanken zu “Und jetzt alle: Oooom! Selbstliebe durch Meditation?!

  1. …ich finde es auch (erstaunlicherweise selbst wenn man allein ist!) sehr schwierig diese „innere Stimme“ los zu werden- kommen einem doch sofort, wenn man mal Ruhe hat, die Gedanken an Ssachen die man sich noch vorgenommen hatte, was unbedingt morgen erledigt werden muss und ‚warum zum Teufel sitzt du nur faul hier rum und lässt wichtigere Dinge liegen?‘ … Umso wichtiger ist es dass man es lernt einfach mal abzuschalten und seine innere Ruhe zu finden- einfach mal die Türen zu machen und alle Gedanken aussperren… :)

    @ Rebecca: ich liiiebe einfach deinen Schreibstil!! 😀

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