„Ihr faulen Studenten, ihr wisst doch gar nicht, was richtige Arbeit ist!“ Dieser Satz hat mich immer geärgert. Ich dachte dann an Klausuren, acht Stunden das gleiche Fach am Stück, Hausarbeiten und meine Arbeit beim Campusradio. Dabei habe ich es noch gut: Ich kenne viele Leute, die wesentlich mehr für ihr Studium ackern müssen als ich. Dennoch fand und finde ich es immer unfair, als faul bezeichnet zu werden, weil man keinen 9-to-5-Job hat. Dennoch musste ich meine Meinung im letzten Monat ein wenig zurechtrücken.
Wo sind eigentlich die letzten vier Wochen geblieben?! Ein ganzer Monat ist an mir vorbeigerauscht, während dem ich es mit Mühe und Not geschafft habe, meinen Haushalt einigermaßen auf die Reihe zu bekommen. Ansonsten: Miese Ernährung, kein Sport, kaum soziale Kontakte. Und dabei hatte ich Ferien. Aber auch Praktikum. Für dieses Praktikum war ich jeden Tag, von der Sekunde, in der ich meinen Fuß vor die Tür gesetzt habe bis zu dem Moment, in dem ich auf mein Sofa gefallen bin, 13 Stunden unterwegs. Acht davon Arbeit. Fünf davon öffentliche Verkehrsmittel. Ich will bitte die nächsten 100 Jahre keinen Regionalexpress der Deutschen Bahn mehr sehen, geschweige denn riechen.
Moment. Das sollte und wird kein motziger Jammerartikel werden. Sondern die Geschichte, wie ich mir einen Traum erfüllt habe, der sich trotz aller Schwierigkeiten voll und ganz gelohnt hat.
Falls der geneigte Leser es noch nicht weiß: Ich studiere was mit Medien und hoffe, eines nicht allzu fernen Tages meine Brötchen als Journalistin zu verdienen. Gerne auch Radiomoderatorin. Radio ist mein absolutes Lieblingsmedium. Und DRadio Wissen ist mein absoluter Lieblingssender. Seit ich den kenne, träume ich davon, da mal zu arbeiten. Aber es ist einerseits gar nicht so einfach, dort eine Stelle zu ergattern und andererseits: Die hören sich alle cool an und ich denke, dass es fantastisch sein muss, da zu arbeiten. Aber wer weiß das schon? Vielleicht ist es voll die Tretmühle und die Kollegen da sind alle eingebildete Esel? Um das herauszufinden kam ich um ein Praktikum wohl nicht herum, obwohl das eigentlich nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehört.
Angesichts der Bewerbungsbedingungen hätte ich fast direkt das Handtuch geworfen. Mindestens sechs Wochen, zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt im Jahr, Bewerbungen nur online und man darf sich auch nicht aussuchen, zu welchem der drei verschiedenen Sender man kommt. Pfui. Ich hatte mir das aber in den Kopf gesetzt und wenn ich etwas will, dann kann ich recht hartnäckig sein. Also scheiß auf alles, ich habe weder sechs Wochen Zeit, ich kann zu dem Zeitpunkt nicht, ich hasse Online-Bewerbungen – also habe ich eine schriftliche Bewerbung direkt an die DRadio Wissen Redaktion geschickt, mit dem dreisten Titel: Ich lohne mich auch für vier Wochen! Was hatte ich schon zu verlieren, mehr als nein sagen können die auch nicht.
Zwei Monate später, ich hatte die Bewerbung schon total vergessen, ruft mich ein sympathisch klingender Typ an und fragt, ob ich überhaupt noch Bock auf das Praktikum hätte. Ohmeingottnatürlichhabichnochbockwannkannichanfangen – na ja, ganz so bescheuert hab ich mich (hoffentlich) nicht angehört, aber so ähnlich sah es in meinem Kopf aus. „Sie wissen ja, dass das so eigentlich nicht geht mit den Bewerbungen, aber ich fand ihre Bewerbung so cool, da hab ich mal in der Personalabteilung angerufen und gefragt, ob man nicht eine Sonderregelung machen kann“. Das war mir ja schon fast peinlich. Egal, Hauptsache ich hab das Ding! Trockener Kommentar meines Vaters: „Frechheit siegt“. Oh ja 😀
Die vier Wochen waren wahnsinnig anstrengend und manchmal wollte ich morgens um 5:50 Uhr den Wecker einfach an die Wand pfeffern und liegen bleiben. Ich freue mich jetzt wieder richtig auf mein faules Studentenleben, wo ich im Unterricht mit Freunden quatschen, auf 9gag rumstöbern und auch mal dumm in die Luft starren kann. Wo ich nie früher als 8 Uhr morgens aufstehen muss. Und wofür ich langsam mal anfangen sollte, an meiner Abschlussaufgabe zu arbei… Ruhe!
Die vier Wochen waren aber auch wahnsinnig großartig. Ich habe viel gelernt, nehme ein paar schicke Arbeitsproben mit nach Hause und vor allem die vielen „Alles Gute!“, „Viel Erfolg!“ oder „Hoffentlich trifft man dich in Zukunft wieder hier!“. Letzteres will ich doch schwer hoffen. Nächster Traum auf der To Do Liste.
Jetzt für euch zum Mitschreiben: Egal, wie groß oder absurd oder unerreichbar eure Träume angeblich sind – lasst sie euch nicht nehmen. Wenn ihr irgendetwas wirklich wollt, dann schafft ihr das auch. Und wenn ihr hartnäckig bleibt, dann steht ihr auch alle Durststrecken durch. Warum solltet ihr eure Zeit und Energie auf etwas verschwenden, was euch nicht glücklich macht? Nur, weil ihr denkt, ihr schafft es doch eh nicht oder ihr seid zu schlecht oder die anderen sind immer gegen euch oder oder oder mimimi? Ihr bestimmt über euer Leben und niemand sonst. Ich hoffe, das ist genug Pathos für einen Tag 😀
So und jetzt leg ich mich nochmal auf die Couch. Denn nach den vier Wochen kommt mir das reine Nichtstun vor wie der Himmel auf Erden 😀
Bex