Der Puls rast, der Schweiß tropft, meine Atmung ließe jede Dampflokomotive vor Neid erblassen. Ein Blick auf die Zeitanzeige vom Laufband: 18 Minuten sind geschafft – das bedeutet noch zwei Minuten Quälerei. Ich beiße die Zähne zusammen und setze zum Endspurt an. Plötzlich: Der Boden bebt, die Wände wackeln, ein Dröhnen wie von einer wild gewordenen Elefantenherde. Erschrocken blicke ich nach rechts, nach links und da ist sie. Mindestens 130 Kilo Kampfgewicht, knallrot im Gesicht, gewandet in ein verwaschenes XXXXL-Shirt und ausgeleierte Leggings.
Zwei bis drei Mal die Woche verpasse ich meinem Schweinehund einen Maulkorb und mache mich auf in den Tempel der geflexten Bizepse und definierten Core-Muskulatur. Und dort sehe ich euch immer wieder: Frauen und Männer wie oben beschrieben. Manche lachen hinter vorgehaltener Hand über euch, andere werfen euch angewiderte Blicke zu.
Ich erinnere mich noch gut an den Sportunterricht in der Schule. Die allwöchentliche Erniedrigung. Die unterirdischen Noten. Die offene Verachtung der Lehrer. Jeglicher Spaß am Sport wurde in dieser stickigen Turnhalle systematisch abgetötet. Nach der Schule dann: Studium. Ich zog von zu Hause aus, begann ein neues Leben in einer fremden Stadt, meldete ich mich im Fitnessstudio an und fand endlich Spaß an Bewegung. Und merkte, wie hart es ist, nach 21 Jahren ohne Sport und mit gut 15 Kilo zu viel auf den Rippen, überhaupt anzufangen. Nach fünf Minuten Laufband war ich komplett im Eimer, meine Knie schrien nach grausamer Rache. Jedes Pfund zu viel rächte sich.
Es übersteigt meine Vorstellungskraft, wie sich das mit 40 oder 50 Kilo Übergewicht anfühlen muss. Wie viel Mut es allein schon erfordert, sich im Umkleideraum vor den anderen auszuziehen. Natürlich tummeln sich im Fitnessstudio die verschiedensten Figurtypen und Kleidergrößen. Der Blick auf die sportliche Blondine mit Stirnband und Knackarsch an der Beinpresse gegenüber kann einen zu Höchstleistungen motivieren, aber auch total einschüchtern. Wenn ich 5 Kilo abnehme, passe ich in Jeans von früher – bei jemand, der sich von 150 auf 145 Kilo runter arbeitet, sieht man kaum einen Unterschied.
Deswegen geht dieser Brief an euch alle, die ihr eurem Speck den Kampf angesagt habt, die ihr auf das Gelächter und die Blicke scheißt, die ihr euch Woche für Woche auf dem Laufband quält: Lasst sie lachen, lasst sie glotzen und macht weiter so! Ihr seid verdammt nochmal die Größten.
Bex
Richtig super der Beitrag! Hab in jetzt erst entdeckt!!
..Jaaa die Sportstunden in der SChule waren manchmal echt der Hammer- ich glaub wir müssen beide an den gleichen Sportlehrer denken oder?? 😉 😀 😀
Spontan war’s bei mir Jänike (Unterstufe) … Herr Steck war halt bloß unfähig 😀 😀 😀 Hätt ich doch bloß schon immer den Breckner gehabt xD
Ganz großer Sport. Im wahrsten Sinne des Wortes!
Danke <3